Ratgeber Nager

Artgerechten Haltung von Kaninchen

Um einem Kaninchen eine artgerechte Haltung zu bieten, sind folgende Punkte besonders wichtig:

Kaninchen sind äußerst gesellig! Darum benötigen sie mindestens einen Artgenossen!

Bitte halten Sie Ihr Kaninchen nicht alleine. Auch wenn Sie sich viel mit Ihrem Kaninchen beschäftigen, können Sie einen Artgenossen nie ersetzen. Auch die Haltung von einem einzelnen Kaninchen mit einem Meerschweinchen ist nicht artgerecht, da diese beiden Tierarten vollkommen andere Verhaltensweisen und Bedürfnisse haben.

Kaninchen sind keine Kuscheltiere!

Kaninchen sind Fluchttiere. Darum ist es ihnen meist unangenehm, von oben gegriffen zu werden. Allerdings können sie lernen, Vertrauen zu fassen und sich von ihrem Besitzer hochheben zu lassen. Bitte fassen Sie dazu mit einer Hand den Brustkorb von unten, mit der anderen Hand unterstützen Sie das Hinterteil und die Hinterbeine.

Kinder nehmen (wenn überhaupt) ein Kaninchen nur im Sitzen auf den Arm. Ansonsten ist es schnell passiert, dass es flüchten will und herunterfällt. Achtung: Kaninchen haben scharfe Krallen!

Kaninchen benötigen viel Platz!

Immer wieder entstehen bei Kaninchen Verhaltensstörungen, Aggressionen und Fettleibigkeit. Der Grund ist viel zu wenig Bewegungsfreiheit. Handelsübliche Kaninchengehege werden dem Bewegungsdrang der Kaninchen nicht annähernd gerecht. Bei der Wohnungshaltung ist häufiger Freilauf und bei der Außenhaltung ein großes Gehege ohne Alternative!

Kaninchen sind neugierig und aufgeweckt und benötigen einen abwechslungsreichen Lebensraum. Dazu müssen genügend Verstecke in Form von Holzhäusern, Röhren und Weidenbrücken zur Verfügung stehen, die gleichzeitig auch als erhöhter Aussichtspunkt dienen. Um den natürlichen Grabeinstinkt ausleben zu können, können “Buddelkisten” (mit Erde oder Sand befüllt) dienen. Größere Äste von ungiftigen und ungespritzten Bäumen können beknabbert werden und dienen der Beschäftigung.

Kaninchen sind hitzeempfindlich!

Bei Wohnungshaltung sorgen Sie im Sommer für ausreichend Luftzirkulation und Schattenplätze. Bei der Außenhaltung müssen ebenfalls genügend kühle Schattenplätze zur Verfügung stehen. Dagegen ist die Außenhaltung im Winter unproblematisch, wenn ausreichend isoliert, gut eingestreute und vor Regen und Wind geschützte Hütten zur Verfügung stehen.

Kaninchen brauchen eine artgerechte Ernährung!

Das Hauptnahrungsmittel eines Kaninchens ist Heu. Dies muss immer frisch zur Verfügung stehen. Als Frischfutter können Sie neben Gräsern, Kräutern und Löwenzahn auch verschiedene Salate, Möhren, Sellerie oder Rote Beete füttern. Plötzliche Futterumstellungen sind jedoch unbedingt zu vermeiden. Ungewohntes Futter (z.B. auch frisches Gras) deshalb immer erst in sehr kleinen Mengen anbieten. Ansonsten kann es zu lebensbedrohlichen Verdauungsstörungen mit Aufgasungen kommen.

Trockenfutter sollte (wenn überhaupt) nur in sehr geringen Mengen gefüttert werden. Bitte kein Futter mit Getreideanteilen füttern, auch keine Körner, Haferflocken oder Brot. Die darin enthaltenen Kohlenhydrate können vom Kaninchen nicht gut verdaut werden und zu Durchfällen führen.

Achtung: Im Sommer besteht Gefahr durch Fliegenmaden-Befall! Bitte die Kaninchen regelmäßig kontrollieren und auf Kotverschmutzungen oder kleine Wunden achten.

Kaninchenzähne

Kaninchen besitzen lebenslang nachwachsende Schneide- und Backenzähne!

Daher ist es wichtig, dass das Kaninchen ausdauernd kaut und die Zähne sich ausreichend abnutzen. Erkrankungen der Zähne sind bei Kaninchen sehr häufig zu beobachten. Gründe können entweder angeborene Fehlstellungen der Zähne sein, oder aber eine anhaltend falsche Fütterung (zu wenig Heu und/oder Misch-Trockenfutter, aus dem die Kaninchen sich nur das “Leckere” aussuchen). Bei Gewichtsverlust (regelmäßige Gewichtskontrollen sind wichtig!), vermehrtem Speichelfluss oder eingeschränkter Futteraufnahme sollte dringend ein Termin in der Praxis vereinbart werden.

Kaninchenverdauung

Der Kaninchenmagen besitzt kaum Muskulatur. Darum muss ein Kaninchen ständig Futter aufnehmen um den Weitertransport der Nahrung zu gewährleisten. Kaninchen fressen über den Tag verteilt sehr viele kleine Futterportionen, sie sind also nie nüchtern.

Stellt ein Kaninchen die Futteraufnahme ein, so ist Alarmstufe ROT! Es sollte möglichst schnell in der Praxis vorgestellt werden. Häufig ist auch eine Eingabe von Futterbrei durch den Besitzer nötig.

Bitte warten Sie nicht zu lange, Verdauungsstörungen können beim Kaninchen sehr schnell zum Tod führen.

Kastration

Männliche Kaninchen werden mit ca. 12 Wochen geschlechtsreif und sollten rechtzeitig kastriert werden. So verhindert man unerwünschten Nachwuchs und verhindert Rangordnungskämpfe unter Rammlern. Sind zwischen männlichen Tieren erst einmal Aggressionen entstanden, so schafft eine Kastration häufig keine Abhilfe mehr.

Auch bei weiblichen Tieren kann eine Kastration von Vorteil sein. So verhindert man hormonell bedingte Erkrankungen und auch Aggressionen gegenüber Artgenossen und Besitzern sind wesentlich seltener.

Impfungen

Kaninchen sollten regelmäßig gegen die Viruserkrankungen Myxomatose und RHD 1 und RHD 2 geimpft werden. Hauptüberträger dieser tödlich verlaufenden Erkrankungen sind Mücken, die auch in der Wohnung lebende Kaninchen infizieren können.

Bei Verwendung moderner Impfstoffe reicht es aus, die Kaninchen einmal im Jahr impfen zu lassen. So schützen Sie Ihre Tiere bestmöglich vor diesen Krankheiten.

Fazit:

Wer diese Informationen aufmerksam gelesen hat, dem ist hoffentlich bewusst, dass Kaninchen keine einfach zu haltenden, im Unterhalt günstigen “Kindergeschenke” sind.

Sie haben eine artgerechte Haltung und einen verantwortungsvollen Besitzer (dies sind immer die Eltern!) verdient, und kein trauriges Dasein alleine in einem zu kleinen Käfig im Kinderzimmer.


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